Die Gegenwart ist angespannt. Notmaßnahmen werden allerorts getroffen. Doch helfen fiskalische Steuerung und globale politische Maßnahmen gegen eine tiefer empfundene Verwundbarkeit des Lebens, die Sterblichkeit inbegriffen? Wie steht es um die existenzielle Verfasstheit? In der gegenwärtigen Conditio humana scheinen Zurechtrückung und Perfektionierungsdrang nicht weniger zu dominieren. In vielen Wissenszweigen und Alltagsfibeln geht es darum, den Menschen über Selbsttransformation mit einem wirksamen Immunstatus auszustatten. Aus Ratgebern erfahren wir, wie wir uns vor unwillkommenen Zudringlichkeiten und Eigengefährdungen bewahren. Die empfohlenen Maßnahmen reichen von physischen Übungsverfahren, sozialen Techniken und medizinisch-physischen Optimierungen bis zu spirituellen Vorkehrungen – alle dazu erdacht, den Menschen vor sich selbst zu schützen. Der österreichisch-amerikanische Biotechnologe Erwin Chargaff gehörte zu jener Gruppe von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die seit den 1950er-Jahren durch die Dechiffrierung der Erbausstattung des Menschen die Bedingungen seiner künstlichen Gestaltung erforschte und förderte. Dennoch äußerte Chargaff selbst tiefe Zweifel an dieser Vorgangsweise. Denn die Ermächtigung des Menschen zeitigt kulturelle und ethische Konsequenzen. Menschen werden zu Designerinnen und Designern anderer Menschen. Eine asymmetrische Beziehung ist die Folge, in der ein Exemplar der menschlichen Spezies unter Anwendung technischer Mittel aus dem kulturellen Lernprozess und seinen Wechselwirkungen herausgenommen und stur erforscht wird. Es entsteht ein Autor, der sich weder Gott noch Künstlerin oder Künstler nennt und dennoch eine künstliche Kreation für sich beansprucht.
Künstlerinnen/Künstler
Lara Favaretto (IT), Alina Szapocznikow (PL), Ryan Gander (UK)Thomas D. Trummer
Thomas D. Trummer ist seit August 2012 Künstlerischer Leiter der Kunsthalle Mainz. Davor war er Projektleiter für bildende Kunst beim Siemens Arts Program und der Siemens Stiftung, München (2007–2012 ). Er war Visiting Scholar am Massachussetts Institute of Technology, Cambridge, USA (2010–2011) und Hall Curatorial Fellow am Aldrich Museum of Contemporary Art, Ridgefield, USA (2006–2007). Zuvor war er als Kurator für moderne und zeitgenössische Kunst am Belvedere Wien und als Gastkurator am Grazer Kunstverein tätig. Zu seinen zuletzt kuratierten Ausstellungen zählen Coral Visual, Casa de la Cultura, Buenos Aires (2009); The Science of Imagination, Ludwig Muzéum Budapest (2010); Displaced Fractures, migros museum Zürich (2010); Artistic Research, MIT Cambridge, USA (2010–2011); Vor dem Gesetz, Museum Ludwig Köln (2012); Attila Csörgö & Roman Signer, Kunsthalle Mainz (2012).
Galerie Martin Janda
Eschenbachgasse, 11 1010 Wienwww.martinjanda.at